Programmierung Ralf Wiechers

Erfolg ist, der Herrscher über meine eigene Zeit zu sein.

Programmierung Ralf Wiechers
Portrait Programmierer Ralf Wiechers

Ralf Wiechers hat Kommunikationsdesign studiert; er arbeitet heute als WordPress Spezialist und realisiert verschiedenste Projekte durch Planung bis Entwicklung. Ralf war von Anfang an bei 40 Stunden dabei. Zwischenzeitlich hat er mal seinen großen Rucksack gepackt und ist als Digitaler Nomade durch die Welt gezogen. Ein Gespräch über einen großen Aufbruch, schöne Codes und ein Leben nach den eigenen Regeln.

Was ich an dir unfassbar bewundere: Du hast vor zweieinhalb Jahren deine Wohnung aufgelöst, hast alles verkauft, was nicht in einen Rucksack passte und bist losgefahren – als Digitaler Nomade um die Welt. Was hat dich geritten?

Ich habe gemerkt, dass meine Arbeit da ist, wo ich bin. Und ich war ein bisschen genervt von allem: von der Wohnung, den Möbeln, auch vom Pendeln ins betahaus, der Coworking Space wo ich gearbeitet habe. Ich hatte das Gefühl, es sei zu teuer, mir in Hamburg eine neue Wohnung zu suchen und neue Möbel zu kaufen. Und da ich nie groß im Ausland war und ich zu dem Zeitpunkt einfach jede Freiheit hatte, bin ich losgefahren.

Und, wie war’s? Ich bin ja ganz froh, dass du gerade vor mir sitzt.

Spannend. Ich habe viele Orte gesehen, habe tolle Menschen getroffen. Aber jetzt, nach zweieinhalb Jahren fange ich langsam an, wieder über eine Homebase nachzudenken. Der Nachteil am vielen Reisen ist die Instabilität. Du weißt nie, wo du im nächsten Monat bist. Damit kann man umgehen, so lange alles andere gut ist. Aber wenn es auch Unsicherheiten im Job gibt, oder privat, dann wird es schwieriger damit umzugehen. Und in zweieinhalb Jahren geht es sowohl beruflich als auch privat mal hoch und runter. Und irgendwann wird man dann müde.

Man sagt ja über Programmierer, dass sie ein wenig nerdig sind. Was an dir macht dich zum Nerd?

Für mich ist ein Nerd jemand, der furchtbar tief in ein Thema einsteigen kann. Das mache ich auch. Ich beschäftige mich so lange mit einer Sache, bis ich sie komplett durchdrungen habe.

Ich habe nie wirklich verstanden, wie Programmieren funktioniert. Kannst du es mir erklären?

Im Grunde ist es nichts anderes, als dass man Anweisungen aneinander hängt, sodass sie immer wieder wiederholt werden können und immer das gleiche Ergebnis heraus kommt. Beispiel Trinken: Glas aus dem Schrank nehmen, unter den Wasserhahn halten, an den Mund führen, schlucken. Wenn du schluckst, ohne das Glas an den Mund zu führen, dann funktioniert das nicht. So ist das auch mit Codes, wobei die Anwendungen natürlich ganz stark variieren.

Was macht dir Spaß an deinem Job?

Ich mag es, ein Problem vor mir zu haben und über verschiedene Ansätze nachzudenken, um letztlich die eine optimale und perfekte Lösung zu bauen. Wobei man nicht immer unendliche Ressourcen hat. Das heißt Perfektion kann man sich nicht immer leisten – beziehungsweise man kann sie dem Kunden nicht immer in Rechnung stellen.

Was ist ein “guter Code”?

Puh, das ist komplex. Am Anfang ist alles gut, was funktioniert. Mit der Zeit lernst du dann, wie gewisse Dinge schneller und besser funktionieren. Dann sagst du dir nach einiger Zeit, dass ein Code besser formatiert sein soll, damit er leserlicher wird. Und dann gibt es gewisse Konventionen, die man befolgen muss, damit auch andere ihn gut lesen können und du leichter mit anderen zusammenarbeiten kannst. Eigentlich ist es wie im richtigen Leben: Am Anfang denkt man “Hey, es funktioniert” und dann geht es darum, es schneller, besser und schöner zu machen.

 

Details Ralf Wiechers

Was bedeutet Erfolg für dich?

Erfolg ist, der Herrscher über meine eigene Zeit zu sein. Es ist mir unendlich wichtig, über meine eigene Zeit bestimmen zu können. Ich möchte sagen können, wo rein ich meine Zeit investiere, ob ich einen Kaffee trinken gehe, ich für meinen Kunden arbeite oder ob ich meine Familie sehen möchte. Ich will nicht diktiert bekommen, dass ich jetzt etwas für meinen Chef machen muss. Ich arbeite gerne hart, aber ich mag nicht dazu gezwungen werden.

Ich verstehe genau was du meinst und mir geht es da sehr, sehr ähnlich. Die Kehrseite der Medaille ist ja aber, dass wenn es mal nicht gut läuft, man sich von der Freiheit kein Essen kaufen kann. Wie gehst du mit Zweifel und Existenzängsten um?

Ich bin in den letzten Jahren damit erstaunlich entspannt umgegangen. Man muss merken, wenn es bergab geht. Dann kann man sich verändern. Veränderungen bieten Chancen. Die muss man ergreifen und auch mal was ausprobieren und nicht verharren. Und so kann man sich dann auch selber wieder bergauf treiben. Wenn man offen ist, bringt das Universum einem etwas Neues. Das klingt spirituell, aber wenn man die ganze Zeit am Arbeiten ist und so beschäftigt ist, dann sieht man auch irgendwann die ganzen anderen Möglichkeiten nicht mehr. Wenn dann Arbeit wegfällt, hat man plötzlich X Stunden die Woche frei. Dann hat man wieder Raum, neue Optionen zu erkennen.

Eine Option, die du ergriffen hast, war, von Anfang an bei 40 Stunden mit zu machen. Du hast unsere erste Website gebaut und nun auch die zweite Version zum Relaunch umgesetzt. Warum hast du mitgemacht?

Ich mochte das Konzept. Ich mochte es, Alltagshelden zu zeigen. Ich habe es ein bisschen satt, immer nur den täglichen News hinterher zu jagen. Ich fand die Idee toll, wirklich interessante und zeitlose Geschichten zu erzählen. Die Geschichten, die man sonst nicht sieht, liegen in der Tiefe verborgen. Sie spielen im Hintergrund. 40 Stunden zeigt ganz normale Menschen und das eben in einer besonderen Tiefe.

Welches ist dein Lieblingsinterview?

Das mit der Klofrau – schon alleine wegen der Überschrift. Die Bestatterin war auch unglaublich spannend. Und die Melkerin hat mich damals in einem privaten Nerv getroffen.

In letzter Zeit sieht man dich wieder häufiger in Hamburg oder auch in Schleswig, wo du aufgewachsen bist. Man hat fast den Eindruck, du stellst den Rucksack ein wenig in die Ecke.

Naja, vielleicht saisonweise. Den Sommer möchte ich hier verbringen. Ich weiß noch nicht genau, wie es weiter geht.

Aber angenommen du kommst irgendwann nach Hause. Was wäre der erste Gegenstand, den du dir wieder kaufen würdest?

Was ich in der Zeit ein bisschen vermisst habe, war ein Sofa, also einen Ort zu haben, an dem man entspannen kann, der aber nicht ein Bett ist, also der Ort, wo man auch schläft. Aber ehrlich: Ich möchte mir kein Sofa kaufen. Die Vorstellung mir Möbel zu kaufen, löst eine große Panik in mir aus. Ich möchte gerne Zugriff auf ein Sofa haben, aber ich muss es nicht besitzen. Das ist das Paradoxe, was gerade in meinem Kopf abgeht. Das ist echt das größte Problem, das ich gerade habe.

 

Flatlay Ralf Wiechers

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