Kiezimbiss-Besitzerin Sabine Clorius

Weißt du, wenn, dann richtig!

Kiezimbiss-Besitzerin Sabine Clorius
Sabine Clorius beugt sich über den Thresen

Sabine Clorius war eigentlich mal Floristin, aber irgendwann hatte sie keine Lust mehr auf Blumen. Heute verkauft sie Pommes, Burger und Currywürste. Bistro Kleine Pause steht auf dem Schild vor der Tür. Ob Bistro oder Imbiss: Auf St. Pauli ist die Kleine Pause eine Institution und mit ihr, Frontfrau Sabine. Ein Gespräch über großen Hunger, große Idioten und die große Liebe.

Welches Gericht aus deiner Speisekarte würdest du einem Sternekoch servieren?

Ich würde ihn fragen, wie groß sein Hunger ist und dann würde ich ihm einen von unseren Burgern machen. Die schmecken einfach sehr gut. Jedem.

Belegte Burger

Ich kenne die Kleine Pause eigentlich hauptsächlich betrunken.

Dann bist du also eher der Nachtkunde…

Der Nachtkunde – ja, vermutlich. Wie schaffst du das, die Nächte durch zu machen?

Ich fühle mich als Mensch nachts wohler. Am Tage fühle ich mich etwas deplatziert. Auch das ganze Viertel hier: Das hat tagsüber einfach ne ganz andere Atmosphäre als nachts. Und auch die Menschen. Ich mag das Publikum nachts. Ich komme mit denen super klar, auch wenn die mal angeschossen sind. Tagsüber ist das ruhiger hier und eher ein Familientreffpunkt. Nachts ist hier einfach am meisten los und das mag ich. Ich mag es, wenn es hier rumst und ordentlich was zu tun ist.

Wann war die letzte Prügelei?

Wir haben hier gar keine Prügeleien. Wenn hier mal welche aneinander geraten, gibt es eine klare Anweisung: Männer nach hinten, Frauen nach vorne an die Theke. Auf keinen Fall die Männer nach vorne, das ist der größte Fehler und den machen viele hier auf dem Kiez. Wenn Männer auf aggressive Männer treffen, dann wird es noch gefährlicher. Als Frau bist du dann eher Friedensstifter. Ich habe bisher einfach keinen Mann erlebt, der ausholt, wenn du als Frau dazwischen gehst. Da gibt es Hemmungen. Zum Glück. Es ist bisher noch nie was passiert.

Was macht dich stolz an deinem Laden?

Dass wir so lange durchgehalten haben. Und unsere Mädels hier – manche arbeiten hier seit über 20 Jahren. Es ist wie eine Familie. Wir sind ein super Team, auch wenn es manchmal so richtig rappelt.

Und wieso rappelt es?

Unterschiedliche Altersgruppen. Und wenn dem einen oder anderen was nicht nach der Mütze geht. Ganz normal. Meistens knallt es dann in der Küche. Manchmal auch hier vorne an der Theke, was ich nicht so gut finde. Wir haben hier einen Typ von Menschen arbeiten, der eigentlich immer direkt sagt, was er denkt. Auch von dem Anderen, auch, wenn es dem nicht gefällt. Und damit muss man dann umgehen können – oder auch nicht. Es ist nur wichtig, sich anschließend wieder in die Augen gucken zu können. Aber in einer richtigen Familie knallt es auch manchmal und man hat sich immer noch lieb.

Kiezcharme - Blick in die Kneipe

Du bist ja eigentlich gelernte Floristin und früher war das hier ein Blumenladen. Wie kam dieser Wechsel?

Das war eine Idee von meinem Mann. Mein Mann war bis vor 30 Jahren Maschinenschlosser für Schiffsdieselmotoren bei MAN im Hafen. Es war immer sein Traum gewesen, selbstständig zu sein. Ich hatte keine Lust mehr auf Blumen und hier in der Gegend gab es vor 30 Jahren nichts zu essen. Und so entstand die Kleine Pause im Blumenladen – um es einfach zu sagen.

War die Selbstständigkeit auch dein Traum?

Nein, das war überhaupt nicht mein Ding. Ich war eher ein Mensch, der gerne geführt wird. Die ersten 15 Jahre, waren so richtig der Hammer hier – zumal ich hoch schwanger war, als wir die Kleine Pause eröffnet haben. Aber wenn, dann halt richtig.

Was hat dich in der Zeit angetrieben?

Weißt du, wenn, dann richtig. Wenn, dann bin ich auch so ehrgeizig, dann muss das auch laufen. Da bin ich dann ein Mensch, der sich einfach rein kniet. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was mich da angetrieben hat. Ich bin einfach so ein Mensch.

Die Kleine Pause verbindet man mit deinem Gesicht. Du bist die Frontfrau. Ist das manchmal ein Problem für deinen Mann, schließlich war das seine Idee?

Nö, das ist einfach eine klare Aufgabenteilung und das ist gut so. Weil wenn wir hier beide alles machen und wir beide in einem Topf rum wühlen, dann funktioniert das nicht. Du musst ein Team werden, aber eben nicht an einem Topf zusammen. Der eine macht das, der andere macht das. So. Zack.

Sabine Clorius am Thresen

Was würdest du sagen: Ist das Beruf oder Berufung, wenn du über die 30 Jahre guckst?

Es ist von beidem ein bisschen. Ich arbeite gerne mit Menschen. Das war schon immer mein Ding. Ich muss gestehen: Ich kann mit der Buchhaltung und so nichts anfangen und ich bin auch nicht so mutig mit Entscheidungen. Da ist mein Mann immer die treibende Kraft. Das gebe ich gerne zu. Das mit den Menschen, das kann ich, das weiß ich. Jeder soll das machen, was er am besten kann und wo er sich dann auch wohl fühlt. Ich bin eben hier vorne und mein Mann ist hinten und macht die Buchhaltung und den ganzen anderen Quatsch.

Eine Imbissbude hat nun nicht das beste Image. Fühlst du dich dann manchmal klein, weil du „nur“ die Pommes zubereitest?

Nö. Ich habe damit kein Problem. Manchmal haben die Leute vor der Theke damit aber ein Problem. Speziell am Wochenende. Da meinen schon manche, etwas sagen zu müssen. Die wollen dann vielleicht absichtlich verletzen, um sich selber aufzuwerten.

Was passiert euch da so?

Also gerade letztes Wochenende, meistens das junge Klientel. Meine Kollegin ist ja Gott sei Dank etwas ruhiger geworden. Früher hätte sie den an der Jacke gezogen und hochkantig rausgeschmissen und gesagt „Kauf dir deinen Kram woanders“. Da hat ein Typ gesagt, warum man hier so lange auf die Pommes warten müsse, aber wahrscheinlich wäre das kein Wunder, weil wenn man nur die Hilfsschule besucht hätte, könnte man auch nichts anderes erwarten. Ich sage mir dann: „Sabine, bleib ganz ruhig. Ganz ruhig bleiben.“

Ab wann schmeißt ihr jemanden raus?

Da muss er sich schon ganz schlecht benehmen. Das kommt eigentlich gar nicht vor.
Ich sage mir, dass wenn sich dadurch jemand besser fühlt, dann soll er mich oder uns so behandeln. Es stört mich, ja, und es nervt, aber es verletzt mich nicht. Und am Ende will ich gerne an sein Bestes. Und das ist sein Geld.

Polizist bestellt Burger

Was würdest du sagen: Was lehrt dich dein Beruf hier?

Gelassener den Menschen gegenüber zu werden. Man muss die Menschen einfach so nehmen, wie sie sind. Der eine mit dem Tick, der andere mit dem Tick.

Wie kriegst du das hin?

Ein unheimlich gutes Privatleben. Ich habe eine ganz tolle Familie. Enkelkind, Schwiegertochter. Mein Mann. Das sind meine Energiequellen. Morgen ist mein lütter Enkel bei uns. Das ist für mich das Schönste. Oder Zeit mit meinem Mann verbringen. Zeit zusammen haben, das ist das Wichtigste. Denn ich liebe diesen Mann, seit 30 Jahren. Die Liebe meines Lebens.

Was bedeutet für dich Erfolg?

Mein Erfolg ist es, wenn die Leute hier mit einem Lächeln raus gehen und zufrieden sind. Das ist der Erfolgsdruck, unter den ich mich persönlich setze. Nur wenn die Gäste zufrieden sind, kommen sie auch wieder. Geld ist auch wichtig, schließlich müssen wir auch alle unsere Rechnungen zahlen und wir haben ja auch einige Mitarbeiter. Geld ist wichtig, damit das hier alles so funktioniert, aber es ist nicht die Hauptsache.

Dem Sternekoch servierst du einen Burger. Was isst du bei dir am liebsten?

Am häufigsten esse ich wahrscheinlich die Pommes, nämlich immer dann, wenn mal eine daneben fällt. Aber am liebsten esse auch ich unsere Burger. Das hat schon einen Grund, warum die so gut sind.

Kontakt zu Sabine Clorius: www.kleine-pause.de

Text: Julia Kottkamp
Fotos: Romy Geßner

Kunden stehen am Thresen an
Kleine Pause Besteck am Thresen
Kiezcharme - St. Pauli WappenHähnchen braten im Ofen
Blick auf den GrillSabine Clorius Kiezimbiss-Besitzerin

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Julia Kottkamp Gründerin und Autorin Julia Kottkamp

Julia hat Journalistik studiert und arbeitet freiberuflich als Kommunikationsberaterin und Sparringspartner in Organisationsentwicklungsprozessen. In ihrer Arbeit geht es immer um das Gespräch mit Menschen. Zuhören, verstehen und daraus Kommunikation für Klarheit entwickeln.

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Romy Geßner Fotografie Romy Geßner

Romy ist freiberufliche Fotografin und Diplom-Übersetzerin. Ihre große Leidenschaft sind Bilder von Menschen in ihrer Arbeitsumgebung. Sie steht für authentische Portrait- und Businessfotografie und sie liebt Reportagen.

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15 Kommentare

  1. Sabine ist die Allerbeste und die Kleine Pause einer der besten Orte auf dem Kiez. Was wäre ein Wochenende ohne Pommes mit Käsesause und Caipi? <3

    1. Jenni, sehen wir ganz genauso! <3

  2. Tolle Bilder, tolles Format. Danke und weiter so!

    1. Danke für das Kompliment! Wir freuen uns sehr!

  3. 19. November 2015 Raphael sagt:

    Kleine Pause. Große Liebe.

    Seit 15 Jahren wohne ich auf St. Pauli, seit 15 Jahren bin ich Gelegenheitsgast in der kleinen Pause: mittags, abends, nachts.

    Danke, dass ihr für uns Bekloppte da seid!

  4. 19. November 2015 Daniela sagt:

    Ich liebe es wie sie „Curry-Pommeeeeees“ durch den Laden schreit! 🙂 – kleine Pause gehört einfach dazu!

    1. Das liebe ich auch… besonders wenn es mein Curry-Pommeeeeeeees ist.

  5. 19. November 2015 Sam / Clemens Schultz Strasse sagt:

    In Zeiten wo man seinen Kiez kaum wiedererkennt sind Läden wie die Kleine Pause einfach unverzichtbar geworden.Der Laden und die Mitarbeiter sind noch ein Stück aus der „guten alten Zeit “ Manchmal Hart aber immer Herzlich vor allem Echt und stets geradeaus.Wem das nicht passt der soll besser woanders hingehen. Über die lecker Burger und Pommes hab ich jetzt fast vergessen was zu schreiben. Macht weiter so Sabine und Team Ihr seid großartig !!!

  6. 19. November 2015 serdar sagt:

    Die biene ist die beste
    lebe seit 20 jahren auf denn kiez
    Und am liebsten erinnere mich an die schönen alte Zeiten dort schön das es noch gibt ?????

  7. Ich kenne keinen Imbiss, zu dem man so gerne geht wie in die „Kleine Pause“!
    Jeder meiner Freunde wurde in dem Laden schon mal von den authentisch anmutenden Bedienungen gedisst. Es ist einfach göttlich.
    Eine Institution. Ein Stück Hamburg.

    Danke für den Beitrag!

  8. Wow, was für ein tolles Feedback. Wir geben das an Sabine weiter… Obwohl Sie sicher schon weiß, wie großartig sie ist!

  9. 19. November 2015 Martina Temme sagt:

    Wenn wir zu Besuch in Hamburg sind, wird immer am ersten Abend in der kleinen Pause gegessen und ein paar leckere Astra getrunken. Der Vegie-Burger ist einfach Mega geil!!!
    Die kleine Pause und die Mitarbeiter verdienen drei Sterne!!!!!

  10. ein wunderbarer Artikel, wunderbare Antworten….also da wunderts einen nicht hier zu Hause zu sein….Danke

  11. 20. November 2015 Hartmut sagt:

    Fünf Jahre durfte ich der direkte Nachbar von Sabine und ihrem Mann sein. Zu meinen Erinnerungen an meinen Kiez zählen die Beiden, mit ihrer Herzlichkeit an aller erster Stelle!
    Besonders die unvergessliche Stimme von Sabine, die, die Stimme unseres Kiez geworden ist!

  12. Schönes Interview, wir sind auch gerne da zu später Stunde. Mein Tipp „Pommes mit Currysosse und Röstzwiebeln“- we love it – tendaysaweek 🙂

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